Von der Not zur Hoffnung: Eine Bibelschule im Flüchtlingslager in Uganda
Hoffnung und Perspektive im Flüchtlingslager

Das Rhino Camp im Nordwesten von Uganda, unweit der Stadt Arua, hat etwa 150.000 Menschen aufgenommen. Die meisten sind Kriegsflüchtlinge aus dem Südsudan. Ethnische Auseinandersetzungen, religiöse Spannungen, Bürgerkrieg und Hunger in diesem Teil Afrikas zwangen bereits Millionen dazu, ihre Heimat zu verlassen.
2016/17 erlaubte die ugandische Regierung den Flüchtlingen, sich in der abgelegenen Region westlich des Nils niederzulassen. Es gab jedoch weder Infrastruktur noch nennenswerte Unterstützung für die entwurzelten Menschen. Die UNO verteilte nur spärlich Lebensmittel an Neuankömmlinge. Seit dieser Zeit ist HOPE e.V., mit Sitz in Ditzingen, im Lager aktiv. HOPE investierte sowohl in die Lebensmittelsicherung als auch in Projekte für Obstanbau und Landwirtschaft.
2023 lernte Bob Hatton von HOPE Ulf Strohbehn auf einer Konferenz kennen. Aus diesem Treffen entstand eine Verbindung, die Ulf ebenfalls ins Rhino Camp führte. Es gibt dort viele Gemeinden. Die Pastoren im Lager äußerten - unabhängig voneinander - den Wunsch, eine Bibelschule im Camp aufzubauen. Gemeinsam entschieden sie, dass Ulf und Bob das Camp besuchen sollten, um erste Gespräche zu führen und um zu sehen, welchen Ansatz solch ein Dienst haben könnte. Bob machte die Erfahrung einer Schulgründung zum ersten Mal und war gespannt auf die Zeit im Rhino Camp.
Die beiden verbrachten im Dezember 2024 vier intensive Tage im Camp. Dabei übernachteten sie vor Ort, teilten die sanitären Anlagen und auch das Essen mit den Anwohnern, was sehr positiv aufgenommen wurde. Etwa 160 Personen, darunter Pastoren, Verantwortliche und andere Gemeindemitarbeiter nahmen an den Workshops mit Ulf und Bob teil.

Gleich bei der Ankunft galt es mitzuhelfen, 50 Ziegen wurden verteilt. Die Empfängerinnen sind alle alleinerziehende Mütter. HOPE hatte bereits die Erfahrung gemacht, dass eine Ziege ein nachhaltiges Geschenk ist, da die Mütter das Tier gut nutzen konnten um ihre Familie zu versorgen und mit dem Gewinn aus der Zucht den Kindern eine Schulbildung zu ermöglichen.
Hauptakteure vor Ort
Pastor Anthony Felix (38 Jahre), ein ehemaliger Kindersoldat aus dem Südsudan, lebt seit 2017 im Rhino Camp. Anthony hat insgesamt 65 Kinder aufgenommen und trägt, so gut er kann, die Verantwortung für sie. Er war der Hauptverantwortliche und Organisator des Aufenthalts von Ulf und Bob. Pastor Henry (77 Jahre) stammt aus Uganda, lebte jedoch lange im Südsudan. Er unterstützt Anthony bei der Leitung. Pastor Satimon, ein Flüchtling aus dem Südsudan, leitet die anglikanische Kirche, die nur etwa 500 Meter von Anthonys Gemeinde entfernt liegt. Die leitenden Pastoren der anglikanischen Kirche nahmen am Seminar teil und ermutigen ihre Gemeindemitglieder, an der Bibelschule teilzunehmen. Godfrey Ntale, der erste Partner von HOPE im Rhino Camp, ist im Bereich Gartenbau und Landwirtschaft tätig. Er arbeitet eng mit Anthony zusammen und nahm an den Veranstaltungen teil. Er wird der Bibelschule auch als Ausbilder zur Verfügung stehen.

Auch seitens der Regierung führten wir ein Gespräch. Der „Commander“ des Lagers äußerte sich positiv zum Vorhaben, eine Bibelschule zu gründen.
Ablauf und Ergebnisse
Ulf begann mit einem Vortrag über den Zweck und die Vorteile einer Bibelschule. Es folgten Themen wie die Wichtigkeit von Lehre und eine Einheit über Ethnozentriertheit und Rassismus, da der Bürgerkrieg im Südsudan halt auf Stammesfeindschaften basiert. Zwischendurch gab es Workshops und Gruppenarbeiten, um die Bedürfnisse und Anliegen der Teilnehmer zu ermitteln. Von 160 Anwesenden brachten 148 ihre Gedanken schriftlich zu Papier – die fehlenden 12 könnten Analphabeten sein.
Die Teilnehmer benannten Problemfelder, die sich in materielle, familiäre und geistliche Herausforderungen aufteilen lassen. Diese Themen wurden dann in den Lehrplan der neuen Bibelschule aufgenommen. Der offizielle Lehrplan beinhaltet also biblische Inhalte zur Armut, Migration, Glaube im Exil, Versöhnung und dienender Leiterschaft. Mission und Gemeindegründung wird ein Unterrichtsfach, weil viele Teilnehmer eine Berufung für diese Dienste empfinden. Mit einer wuchtigen Christologie stellen wir Jesus in den Mittelpunkt und sind gleichzeitig in der Lage, etliche Irrlehren zu widerlegen.
Auf dem Programm stehen auch praktische Kurse, durch die die Studenten als Übungsleiter für Landwirtschaft, Alphabetisierung und Computerkenntnisse ausgebildet werden. Durch den inoffiziellen Lehrplan wird die Schule Gemeinschaft und Einheit fördern, Bildung und moralische Unterstützung bieten, sowie eine Perspektive der Hoffnung schaffen. Anthony und Henry identifizierten 31 potenzielle Lehrkräfte, darunter nur zwei Frauen. Ulf bemängelte die geringe Zahl weiblicher Vertreter, was möglicherweise zu einer Steigerung der Frauenbeteiligung führen könnte.
Ausblick
Diese 31 Personen sind jetzt das Team, welches wir für die Bibelschule ausbilden. Der nächste Besuch ist vom 10.–20. April 2025 geplant. Während dieses Aufenthalts soll eine Taskforce zur Konzipierung der Unterrichtsfächer gebildet werden. Zudem wird der Hermeneutik-Kurs des Veritas College gelehrt, um die theologischen Fähigkeiten der zukünftigen Lehrkräfte zu stärken. Eine Ausbildung dieser Art könnte den Beginn einer Bibelstudienbewegung im Camp und darüber hinaus ermöglichen.
Die Begeisterung unter den Teilnehmern war spürbar. Wiederholt wurde gesagt, dass dies kein Flüchtlingslager sei, sondern ein geistliches Trainingscamp, und dass sie nicht Flüchtlinge genannt werden möchten, sondern Missionare in Ausbildung. In Gesprächen mit den Teilnehmern wurde der Wunsch deutlich, nicht nur im Rhino Camp aktiv zu sein, sondern auch in anderen Teilen Ugandas und sogar in Nachbarländern wie dem Südsudan mit den Nuba-Bergen und der Demokratischen Republik Kongo. Überall wollen sie Gemeinden zu gründen. Für solche Einstellung und Hoffnung ist eine Bibelschule natürlich genau der richtige Schritt.
Das Einrichten einer biblischen Ausbildung in einem Flüchtlingscamp und das Verständnis, dass eben dieses Lager eine Missionsbasis wird, ist sicherlich ungewöhnlich. Dennoch sehen wir, angefangen in der Apostelgeschichte (Kapitel 8, 1ff), dass der Herr auch Verfolgung und Flucht dazu benutzt, das Evangelium auszubreiten und neue Gemeinden zu gründen.
Bob Hatton, HOPE e.V.